Was ist passiert?
Das Bundesverwaltungsgericht ist auf eine erste Beschwerde gegen das Verbot, nikotinhaltige Liquids in der Schweiz zu verkaufen, nicht eingetren. Dieser Entscheid richtete sich gegen eine Konsumentenschutz-Organisation und wurde aus rein formellen Gründen erlassen. Die eigentliche Streitfrage bleibt vor dem Gericht hängig, da parallel auch Händler Beschwerde führen; jene Beschwerden sind noch offen.
Was steckt genau dahinter?
Da die ganze Geschichte um die Frage „sind Nikotin-Liquids in der Schweiz verboten oder erlaubt?“ aus rechtlicher Sicht etwas kompliziert ist, hier ein Versuch, etwas Licht in die Sache zu bringen:
Bekanntlich ist es in der Schweiz verboten, nikotinhaltige Liquids gewerblich zu importieren und im Inland zu vertreiben. Der rechtliche Hintergrund des Verbots ist folgender: Das Verbot wurde vom Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) in Form einer sogenannten Allgemeinverfügung – d.h. eine Verfügung, welche sich in diesem Fall an alle Händler in der Schweiz richtet – gestützt auf eine Weisung des Bundesamts für Gesundheit (BAG) erlassen. Das BAG und das BLV stützen sich hierbei auf das Lebensmittelgesetz (LMG) und die Lebensmittel- und Gebrauchsgegenständeverordnung (LGV); insbesondere auf Art. 37 Abs. 3 LVG, welcher vorsieht, dass Gebrauchsgegenstände kein Nikotin beigesetzt werden darf.
Dieses Verbot wird von Konsumenten- und Branchen-Verbänden als unnötige Einschränkung aufgefasst, da es a) die Schweizer Dampfer dazu zwingt, Liquids mit Nikotin im Ausland zu bestellen (Konsumenten-Sicht) und b) die Schweizer Shops keine Nikotin-Liquids anbieten dürfen (Händler-Sicht). Aus rechtlicher Sicht vertreten sie zudem die Ansicht, dass das Verbot – zumindest wenn es um Nikotin-Liquids geht, welche in der EU hergestellt wurden – den bilateralen Verträgen mit der EU und dem Bundesgesetz über technische Handelshemmnisse (THG) widerspricht, denn EU-Produkte dürfen (wenn sie in der EU legal produziert und gehandelt werden dürfen) in der Schweiz ohne weiteres in Verkehr gebracht werden dürfen.
Nach Erlass der Allgemeinverfügung des LGV haben sowohl eine Konsumenten-Organisation als auch Branchen-Vertreter Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht eingereicht.
Wie ganz oben erwähnt, wurde nun auf die erste Beschwerde – nämlich jene der Konsumenten-Organisation – nicht eingetreten. Grund hierfür ist, dass das Gericht von einem fehlenden Rechtsschutzinteresse der Konsumenten ausgeht. Dies bedeutet konkret, dass Konsumenten (sprich Kunden) aus rechtlicher Sicht kein Interesse an einer Beschwerde haben, da sich das Verbot formell nicht gegen die Konsumenten richtet, sondern gegen die Händler. Dieser formelle Entscheid führt dazu, dass sich das Gericht noch nicht inhaltlich zum Verbot hat äussern müssen und dies auch nicht getan hat.
Entscheidend wird daher sein, wie das Bundesverwaltungsgericht in den Beschwerden von Händlern entscheiden wird. Diese haben offensichtlich ein Rechtsschutzinteresse, weshalb es hier nicht zu einem sog. Nichteintreten aus formellen kommen wird. Sprich, das Gericht wird sich dort inhaltlich mit der eigentlich entscheidenden Frage – d.h. ob der gewerbliche Import und Verkauf von Nikotin-Liquids in der Schweiz erlaubt sind oder nicht – auseinandersetzen.
Unser Senf dazu:
Das Verbot von Nikotin-Liquids in der Schweiz berührt uns selber zwar nicht wirklich, muss aber eigentlich jedem liberal eingestellten Menschen ein Dorn im Auge sein: Es geht hier um ein Produkt, welches in der EU und vielen weiteren Ländern seit geraumer Zeit legal produziert und gehandelt werden darf und für welches bereits strenge Gesundheitsvorschriften bestehen, die in der EU aktuell nochmals erheblich verschärft und harmonisiert werden. Von Liquids mit Nikotin – zumindest wenn sie in der EU oder in den USA produziert werden – geht aufgrund der strengen Regulierung keine Gefahr aus, welche ein Verbot rechtfertigen würde. Warum das BAG und das LGV dies offenbar völlig anders sehen als praktisch alle anderen Gesundheitsbehörden weltweit, ist auch uns ein Rätsel und wir können unseren Schweizer Kollegen, die derzeit noch Beschwerde führen, nur alles Gute wünschen.
Zur Erinnerung auch in eigener Sache: unsere „Sennenstoff“-Liquids werden in unserem Domizil-Land England produziert und erfüllen (Brexit hin oder her) bereits heute die wichtigsten Regeln der TPD2 (Revision der Tabakproduktregulierung), welche im Herbst in Kraft tritt – insbesondere wird jede Charge auf den abgegebenen Nikotin-Level und Nichtvorhandensein von Schadstoffen getestet.
Wer nachlesen mag, hier die wichtigsten Quellen:
Urteil des Bundesverwaltungsgericht (französisch) Nr. 2015-3008: www.admin.ch/opc/de/federal-gazette/2015/7788.pdf
Allgemeinverfügung des Bundesamtes für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen zu elektrischen Zigaretten, elektronischen Zigaretten, E-Zigaretten, gestützt auf Artikel 20 Absatz 5 in Verbindung mit Artikel 19 Absatz 4 Buchstabe a und Absatz 7 THG: https://www.admin.ch/opc/de/federal-gazette/2015/7788.pdf
Art. 37 Lebensmittel- und Gebrauchsgegenständeverordnung: https://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/20050153/index.html#a37
Pressemitteilung von „Helvetic Vape“: http://helveticvape.ch/das-bvger-hat-entschieden-dass-dampferinnen-und-dampfer-kein-schutzwuerdiges-interesse-haetten-nikotinhaltige-dampfprodukte-in-der-schweiz-erwerben-zu-koennen/?lang=de