Schweiz: Warum das Nikotin-Verbot für CH-Produzenten bis 2022 weiterbestehen wird

Wir möchten ein weiteres Mal einige durchaus wichtige Hintergrundinformation zum Thema Nikotin-Verbot in der Schweiz zur Verfügung stellen. Bekanntlich ist beim Bundesverwaltungsgericht seit Längerem eine Beschwerde gegen dieses Verbot, genauer gesagt gegen die Allgemeinverfügung des BLV hängig. Bisher wurde offenbar davon ausgegangen, dass eine Gutheissung dieser Beschwerde dazu führen würde, dass Nikotin-Liquids in der Schweiz frei verkauft werden dürften. Auf den folgenden Zeilen erklären wir, warum dies nicht der Fall wäre.

Schritt 1: Verstehen, was die Allgemeinverfügung beinhaltet

Die Allgemeinverfügung des BLV ist hier abrufbar. Nach den sogenannten Erwägungen liest man dort Folgendes:

„Elektrische Zigaretten, elektronische Zigaretten, E-Zigaretten, welche die Voraussetzungen nach Artikel 16a Absatz 1 THG erfüllen, dürfen nicht für Dritte bereitgestellt, an Dritte abgegeben oder zu beruflichen oder gewerblichen Zwecken einge- führt werden, wenn sie den Anforderungen nach Artikel 37 Absatz 3 LGV nicht entsprechen.“

So weit dürfte dem Laien vieles unklar sein. Hier die Erklärung, was dies drei farblich markierten Ausdrücke bedeuten:

  • Zunächst: unter „E-Zigaretten“ verstehen die Behörden auch E-Liquids, da E-Zigaretten und Liquids als sog. „funktionale Einheit“ betrachtet werden. Verboten sind also E-Zigaretten und Liquids, welche gewisse Anforderungen nicht erfüllen, auf die wir sogleich eingehen.
  • … wenn sie den Anforderungen nach Art. 37 Abs. 3 LGV nicht ensprechen„: hier geht es um den Bestandteil Nikotin. Nikotin darf gemäss Art. 37 Abs. 3 LGV (zwischenzeitlich verschoben nach Art. 61 Abs. 2) nicht in Gegenständen für den Schleimhautkontakt vorhanden sein. Gemeint sind somit E-Liquids mit Nikotin, nicht aber natürlich nikotinfreie Liquids.
  • …welche die Voraussetzungen nach Art. 16a THG erfüllen„: hier wird es spannend. Damit sind Produkte gemeint, die in der EU bzw. im EWR rechtmässig in Verkehr sind und deren technischen Vorschriften entsprechen. Erfasst sind hier somit ausschliesslich in der EU (legal) produzierte E-Liquids.

Setzt man nun diese Elemente zusammen, kommt man zu folgendem Schluss:

Die Allgemeinverfügung verbietet ausschliesslich das Inverkehrbringen von E-Liquids mit Nikotin in der Schweiz, welche in der EU / EWR produziert wurden.

Schritt 2: Bedeutet das etwa, dass in der Schweiz produzierte Nikotin-Liquids bereits legal sind?!

Keineswegs. Das Nikotin-Verbot nach der Lebensmittelverordnung gilt unabhängig davon, wo das Liquid hergestellt wurde. Das BLV hat diese Allgemeinverfügung nur aus dem Grund erlassen, weil sich Händler in der Schweiz auf den Standpunkt gestellt hatten, dass sie in der EU nach den dortigen Vorschriften produzierte Nikotin-Liquids aufgrund des Bundesgesetzes über technische Handelshemmnisse (THG) verkaufen dürfen. Die Verfügung ist somit explizit auf EU-Produkte zugeschnitten, weil diese ansonsten in der Schweiz vertrieben werden dürften.

Schritt 3: Was bedeutet das für die Bescherde vor Bundesverwaltungsgericht?

Mit der Beschwerde ist nicht das Nikotin-Verbot insgesamt angefochten; das ginge rechtlich auch gar nicht, weil dieses aus einer Bundesverordnung (welche sich wiederum auf das Lebensmittelgesetz stützt) hervorgeht. Vielmehr richtet sich die Beschwerde formell gegen die Allgemeinverfügung des BLV – und nur gegen diese.

Das heisst also: Falls das Bundesverwaltungsgericht (irgendwann…) die Allgemeinverfügung des BLV aufheben sollte*, könnten Nikotin-Liquids aus der EU in die Schweiz importiert und hier verkauft werden. Anderswo produzierte Liquids mit Nikotin dürften weiterhin nicht verkauft werden, d.h. auch CH-Liquids nicht.

* Mittlerweile halten wir das nicht mehr für so unwahrscheinlich. Denn da seit Mai 2017 die TPD2 in der EU anwendbar ist, dürfen dort auch nur noch nach EU-weit harmonisierten Regeln (Nikotin-)Liquids produziert werden. Somit müsste der Grund für das Verbot in der Allgemeinverfügung eigentlich weggefallen sein: das BLV hatte sich dort nämlich explizit auf eine fehlende EU-weit geltende Regulierung berufen.

Unser Fazit somit: Swiss made Nikotin-Liquids wird es erst geben, wenn das neue Tabakproduktegesetz in Kraft ist. Und das wird gemäss BAG frühestens Mitte 2022 der Fall sein.