Tabakproduktegesetz im Fokus: Regulierung von nikotinhaltigen Liquids

Hintergrundinfo zum 2. Entwurf des Tabakproduktegesetzes (TabPG)

Die grundlegenden Infos zum Gesetz findet Ihr hier: Artikel zum 2. Entwurf des TabPG

 

In dieser Hintergrundinfo – die vierte in einer kleinen „Reihe“ von Berichten – gehen wir auf die Regulierung von nikotinhaltigen Liquids ein. Dieser Artikel ist etwas detaillierter und vielleicht nicht ganz leicht verdaulich. Dem schnellen Leser wird empfohlen, die Liste unten zu überspringen und sich gleich unser Fazit zu Gemüte zu führen :).

 

Wie werden Nikotin-Liquids reguliert?

Hier eine Liste der relevanten Bestimmungen mit einer kurzen Einschätzung unsererseits.

  • Keine Gefährdung der Gesundheit (Art. 5 Abs. 1 lit. a): worin diese Gesundheitsgefährdung bestehen könnte, wird im Gesetz nicht definiert. Für Liquids dürfte das nach unserem Verständnis aber kaum relevant sein; die Bestimmung scheint primär auf Zigaretten zugeschnitten zu sein.
  • Keine Erhöhung der Toxizität oder Erleichterung der Inhalation (Art.5 Abs. 1 lit. b): der erste Punkt mit der Toxizität scheint wiederum auf Zigaretten abzuzielen. Aber was ist eine „Erleichterung der Inhalation“? Könnte das womöglich bedeuten, dass Menthol und andere „Cooler“ in Liquids verboten werden sollen? –> siehe aber übernächster Bullet*
  • Hohe Reinheit (Art. 5 Abs. 2): das klingt vorerst für uns harmlos. Eine hohe Reinheit dürfte selbstverständlich sein (und kaum problematisch, wenn hochqualitative Inhaltsstoffe wie reines PG und VG sowie Aromen nach EU-Norm verwendet werden).
  • Verbotene Zutaten (Art. 6 Abs. 1): hierzu werden in Anhang 1 diejenigen Stoffe aufgeführt, welche nicht in Liquids enthalten sein dürfen. Darunter z.B. Waldmeister, Polei-Minze oder Mandelöl mit Blausäure.
    –> * Hinweis zur Frage oben in Blau: Wir gehen davon aus, dass die Liste der verbotenen Zutaten (als spezielle Vorgabe für E-Liquids) abschliessend ist und somit kein Raum bleibt für weitere Verbote auf dem Verordnungsweg; wir beantworten daher unsere eigene Frage oben mit „nein“, müssen aber zugeben, dass wir hier nicht sicher sein können.
  • Maximales Volumen (Art. 8): 100ml für Liquid-Flaschen, 10ml für Kartuschen. Dass dies eine sehr begrüssenswerte Regelung ist (da in der EU nur 10ml Flaschen erlaubt sind), haben wir früher bereits geschrieben.
  • Kennzeichnung (Art. 9-11): Regelung der Kennzeichnung, d.h. beispielsweise Nikotingehalt muss angegeben werden und es ist verboten, eine gesundheitsfördernde Wirkung anzupreisen. Macht Sinn, dürfte keine Probleme aufwerfen.
  • Warnhinweise (Art. 12-14): Nikotin-Liquids müssen Warnhinweise tragen wie Zigaretten (allerdings ohne „Grusel-Bildchen“). Diese müssen in der Regel 35% der „am ehesten ins Auge fallenden Fläche der Packung abdecken“. Igitt! In der EU hat man es allerdings teilweise noch weiter auf die Spitze getrieben mit neutralen Etiketten.
  • Sicherheitsmassnahmen (Art. 15): kindersicher, bruchsicher, auslauffreier Mechanismus für die Nachfüllung. D.h. nach unserem Verständnis: Pipetten-Flaschen (weil nicht auslauffrei) und jegliche Glasflaschen dürften tabu sein. Sennenquöll wird es somit wohl nie in unserer heutigen Verpackung als Nikotin-Variante geben :(.
  • Produktinformation (Art. 16): der Beipackzettel mit allerlei Angaben. Vollkommen sinnlos, das verursacht lediglich eine Menge Abfall (weil der Beipackzettel ja auch irgendwo untergebracht werden muss, würde dies darauf hinauslaufen, dass jedes Liquid einzeln in eine Kartonschachtel verpackt wird).
  • Selbstkontrolle (Art. 22): hier ist nicht ganz klar, was diese Selbstkontrolle beinhaltet und wer überhaupt betroffen ist (Produzenten oder / und Händler). Der Bundesrat darf die Details gemäss ausdrücklicher Ermächtigung in einer Verordnung regeln.
  • Meldung von Produkten vor dem Inverkehrbringen (Art. 23-24): jedes neue nikotinhaltige Liquid muss dem BAG gemeldet werden und zwar vor Inverkehrbringen, d.h. vor dem ersten Verkauf an Konsumenten. Der genaue Inhalt und die Modalitäten wird der Bundesrat regeln. Gemäss Erläuterungsbericht ist anzunehmen, dass man sich hier an der EU orientieren wird. Insgesamt ist das eine überaus unappetitliche Sache, da eine enorme Menge von Meldungen nötig sein wird (Beispiel: 10 Aromen à 5 Nikotin-Stärken ergeben 50 Meldungen). Immerhin handelt es sich a) nicht um eine Bewilligungs-, sondern nur um eine Meldepflicht und b) gibt es keine Frist für die Meldung (in der EU: 6 Monate vor Inverkehrbringen); die „time to market“ wird somit kaum tangiert. Trotzdem: dieses Verfahren wird richtig aufwändig und teuer, vor allem falls der Bundesrat Inhalationstests verlangen sollte.

 

Sennenquöll meint:

Diese Regulierung ist eindeutig der TPD2 in der EU nachempfunden. Nach unserem Verständnis widerspricht dies dem Auftrag des Parlaments, welches eine differenzierte Regulierung vom Bundesrat verlangt hatte. Punktuell war der Bundesrat zwar vernünftiger als die EU, insbesondere beim Maximalvolumen. Dennoch: diese Regulierung wird Produzenten, Händler und indirekt die Konsumenten eine Menge Geld kosten, ohne dass ein Nutzen für die Dampfer ersichtlich wäre.

 

Wir wagen (für den Fall, dass der Entwurf +/- unverändert verabschiedet werden sollte) folgende Prognose:

  • Die meisten Schweizer Produzenten und Händler werden aufgrund der bürokratischen Hürden bei nikotinfreien Liquids bleiben.
  • Nikotin-Shots (bis zu 100ml!) werden sich durchsetzen, da dafür nur ein paar wenige Produkte  die Anforderungen nach TabPG erfüllen müssen.
  • Für Einsteiger wird es ein Angebot an 10ml-Nikotin-Liquids aus der EU geben. Diese entsprechen nach unserem Verständnis dem TabPG und müssen daher „nur“ dem BAG gemeldet werden.