Dampfplauderecke #2: Gesetze, Gesundheit & Genuss – eine verhängnisvolle Dreiecksbeziehung

Wirft man einen Blick auf die jüngsten regulatorischen Massnahmen (EU: TPD 2) und Bestrebungen (USA: deemed FDA regulations) betreffend Produktion, Vertrieb und Konsum von E-Zigaretten und E-Liquids, so gelangt man zum Schluss, dass diese einem faktischen Verbot sehr nahekommen. Keinerlei Fingerspitzengefühl, keine Differenzierung auf Grundlage wissenschaftlich fundierter Studien und Expertisen, stattdessen wird mit der ganz grossen Prohibitionskeule brachial auf eine junge Branche eingedroschen, die in den vergangenen Jahren mehr zum Nicht-Rauchen beigetragen hat, als jede noch so hartnäckige «Stop Smoking»-Kampagne.

Dass hierbei finanzielle Aspekte (z.B. Sicherung von Tabaksteuereinnahmen, Lobbying von Big Tobacco) eine bedeutende Rolle spielen steht ausser Frage. Den Gesetzgebern aber eine gesundheitspolitische Agenda abzusprechen ginge m.E. zu weit. Geht man nun also davon aus, dass die oben genannten Regulierungen vom Willen getrieben sind, die öffentliche Gesundheit zu schützen bzw. zu fördern, so darf man nicht vergessen, dass sich jede Agenda auf ein Weltbild stützt. Es lohnt sich, dieses Weltbild genauer anzuschauen, denn es offenbart erschreckende Einblicke in die Logik der Gesetzgeber:

  1. Ursprung aller Gesundheitsschäden scheint aus Sicht der Regulatoren immer noch nicht der Tabak, sondern das Nikotin zu sein (was objektiv falsch ist). Hauptziel jeglicher Massnahmen ist es folglich, zu verhindern, dass Leute abhängig werden und offensichtlich nicht, zu verhindern, dass Leute vom Tabakkonsum wegkommen.
  2. Durch das faktische Verbot des Dampfens werden nikotinabhängige Dampfer vor die Wahl gesetzt: Entweder ganz aufhören oder aber wieder zurück in die Arme des Marlboro-Cowboys (bzw. Sensenmanns). Das Problem dabei ist allerdings, dass Abhängige oftmals keine Wahl haben, denn das ist leider das Wesensmerkmal einer jeder Suchterkrankung. Mit dieser Massnahme zwingt man Menschen, das Nikotin auf die gesundheitsschädlichste Art einzunehmen.
  3. Den Rauchern, die noch nicht auf den Geschmack des Dampfens gekommen sind, verwehrt man «prophylaktisch» die Möglichkeit, das Nikotin in einer Weise zu konsumieren, welche gemäss neuesten Studien 95% weniger schädlich ist als das Zigarettenrauchen. Wir gelangen zu einem ernüchternden Fazit: Offensichtlich sind in den Augen der Regulatoren bestehende Nikotinabhängige nicht schützenswert und somit auch nicht Teil ihres Verständnisses der «öffentlichen Gesundheit». Als wäre dies nicht zynisch genug, setzt man noch einen oben drauf. Die Branche, die über Jahrzehnte ihre Konsumenten bewusst hinters Licht führte, «Big Tobacco», ist im Verhältnis weit weniger von den neuen Bestimmungen betroffen und wird nun sogar von der «lästigen» Konkurrenz befreit.

Der grösste Fehler in der Logik der Regulierung (wenn auch nicht der menschenverachtendste) ist jedoch die Verkennung der menschlichen Verfassung (ein Fehler der praktisch immer bei Ideologien auftritt): Das «Geniessen» ist ein Wesensmerkmal des Menschseins. Kein Verbot wird dieses Bedürfnis verschwinden lassen (siehe die amerikanische Alkoholprohibition in den 1920er Jahren). Dies müsste eigentlich allen Beteiligten bewusst sein, denn gesund sein ist ja schliesslich kein reiner Selbstzweck. Es ist nicht so, als würde man in der Freizeit rumsitzen und die Abwesenheit von Gesundheitsbeschwerden aktiv auskosten. Eine gute Gesundheit ist deshalb wünschenswert, weil man dadurch in der Lage ist, sich den Dingen zu widmen, die einem mittelbar und unmittelbar Freude bereiten. Diese Freuden können unbestrittenermassen die Gesundheit mehr oder weniger beeinträchtigen. Besonders Naive (z.B. Menschen, die Freiheit mögen) könnten nun versucht sein, die Meinung zu vertreten, dass es in der Verantwortung einer mündigen und erwachsenen Person liegt, für eine ausgewogene Balance zu sorgen. Doch das Konzept der Mündigkeit ist den Regulatoren ganz offensichtlich noch fremder als jenes des Genusses, der Vernunft oder der Solidarität.

Bis zum nächsten Mal
Euer Sennenquöll-Team