BAG bestätigt, dass das Tabakproduktegesetz völlig aus dem Ruder läuft

Wir geben es zu: unser Titel ist etwas reisserisch. Wer uns kennt, weiss aber: wir tun das primär zu eurer (und unserer :)) Unterhaltung, indem wir auf Absurdes und Unterhaltsames hinweisen, anstatt uns allzu sehr aufzuregen.

Natürlich würde das BAG das von uns im Titel Behauptete niemals zugeben und das können wir durchaus verstehen. Immerhin hat es ja selbst wesentlich auf den Gesetzesentwurf Einfluss genommen.

Was allerdings in einem neu veröffentlichten Bericht an die zuständige Kommission des Ständerats steht, bestätigt anschaulich (und unfreiwillig), dass der neue Entwurf des Tabakproduktegesetzes strenger ist als die die in allen anderen untersuchten Ländern. Da die Schweiz somit eine bereits absurde Regulierung in der EU nochmals „übertreffen“ will, bestätigt: die Sache ist ausser Kontrolle geraten.

Im Bericht werden vereinfacht gesagt die Regelungen in der Schweiz, in der EU, in einigen Mitgliedstaaten (DE, FR, IT und UK) und in den USA gegenübergestellt. Und zwar sauber nach Kategorie, d.h. zum Beispiel E-Zigaretten und Liquids mit Nikotin und solche ohne Nikotin.

Uns interessieren hier vor allem die Regel zu Liquids / E-Zigaretten ohne Nikotin. Wir haben mehrfach darauf hingewiesen, dass die Schweiz in diesem Bereich völlig über das Ziel hinausschiessen würde, wenn der jetzige Entwurf angenommen würde: dann wären nämlich nikotinfreie Liquids fast wie Nikotin-Liquids reguliert – das ist weder in der EU noch in einzelnen Staaten der Fall, wie nun auch das BAG in seinem Bericht bestätigt.

 

Hier ein paar zusammengefasste Auszüge aus dem Bericht (alles bezieht sich auf nikotinfreie Liquids):

  • Schutz vor dem „Passivdampfen“:
    • Schweiz: das Dampfen von nikotinfreien Liquids soll in allen öffentlichen Räumen verboten werden (d.h. insbesondere in Dampfershops!).
    • Alle anderen Länder: kein Verbot oder nur sehr beschränktes Verbot für Spitäler, Schulen etc.
  • Werbung:
    • Schweiz: Verbot von „speziell auf Jugendliche ausgerichteter“ Werbung. Dieser Gummiparagraph führt zu Rechtsunsicherheit macht und letztlich jede Werbung zum Risiko für Händler und Hersteller.
    • Alle anderen Länder: kein Verbot, ausser Frankreich und USA
  • Warnhinweise:
    • Schweiz: „Dieses Produkt kann ihre Gesundheit schädigen“ auf nikotinfreien Liquids. Wenn es ein Witz wäre, wäre es ein wirklich Schlechter.
    • Alle anderen Länder: keine Warnhinweise
  • Registrierungspflicht:
    • Schweiz: Hersteller müssen gemäss Gesetzesentwurf auch nikotinfreie Liquids den Behörden melden. Der Bericht unterschlägt dies allerdings – das Thema wird überhaupt nicht erwähnt. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt…
    • Alle anderen Länder: da möchten wir uns nicht zu weit auf die Äste herauswagen, da der Bericht eben nichts dazu sagt. Aus dem Umstand, dass der Bericht schweigt, könnte man aber durchaus vermuten, dass es keine solche Regiestrierungspflicht gibt. Auf Ebene EU jedenfalls gibt es sie nicht.

 

Fazit: Die Analyse des BAG bestätigt zweifellos, dass der Entwurf des Tabakproduktegesetzes strenger ist als die Regeln in der EU und den USA. Damit würde sich die Schweiz zum Aushängeschild der Gesundheitsfundamentalisten machen. Und dies als Staat, der auch bei uns stets den Ruf hatte, von überbordender Regulierung Abstand zu nehmen – lasst uns hoffen, dass die gut schweizerische Zurückhaltung sich doch noch durchsetzen wird, wenn das Gesetz vom (glücklicherweise immer noch bürgerlich geprägten) Parlament beraten wird.