Dampfen am Arbeitsplatz verboten?

Die deutsche „Bild“-Zeitung hat heute einen interessanten (und wohl bewusst provokanten) Artikel veröffentlicht, nachzulesen hier. Darin weisst die „Bild“ darauf hin, dass die Gesetze in Deutschland über das Rauchverbot nicht auf E-Zigaretten anwendbar seien und daher das Dampfen am Arbeitsplatz erlaubt sei. Begründung: die Gesetze seien zum Schutz vor den Gefahren des Passivrauchens erlassen und da es keinen Nachweis für die Schädlichkeit des „Passivdampfens“ geben, seien sie auf das Dampfen eben auch nicht anwendbar.

Sennenquöll will diesen lobenswerten Artikel (dessen Richtigkeit wir mangels Kenntnis des deutschen Rechts nicht beurteilen können) zum Anlass nehmen, für unsere Kunden – die hauptsächlich aus der Schweiz stammen – die Situation in der Schweiz hinzuweisen.

Bundesrecht

In der Schweiz gilt seit 1. Mai 2010 das Bundesgesetz zum Schutz vor Passivrauchen. Zum Gesetz wurde eine Verordnung erlassen. Dazu die wichtigsten Punkte:

  • Das Gesetz ist gemäss Art. 1 Abs. 1 anwendbar auf „geschlossene Räume, die mehreren Personen als Arbeitsplätze dienen“. Es gilt somit insbesondere für Grossraumbüros, Produktionshallen, Werkstätten etc., nicht aber für Einzelbüros oder Baustellen (solange sie nicht geschlossene Räume sind). Ausserdem gilt das Gesetz bekanntlich für öffentliche Räume wie Restaurants, Spitäler, Verwaltungsgebäude etc. – mit Ausnahmemöglichkeiten, auf die wir an dieser Stelle nicht eingehen wollen, da es hier um Arbeitsplätze geht.
  • Verboten ist nach Art. 2 des Gesetzes ausdrücklich das „Rauchen“.
  • Der Begriff „Rauchen“ ist weder im Gesetz noch in der Verordnung definiert. Nach allgemeinem Verständnis des Begriffs „Rauchen“ geht es aber klarerweise um die Verbrennung von Tabak, welche bei E-Zigaretten nicht gegeben ist. Auch aus der Bezeichnung „Gesetz zum Schutz vor dem Passivrauchen“ scheint klar, dass wir die gleiche Situation wie oben beschrieben in Deutschland haben: „Passivdampfen“ ist nicht dasselbe wie „Passivrauchen“, da von letzterem keine Gesundheitsgefährdung ausgeht und daher von vornherein kein Grund besteht, den Konsum von E-Zigaretten dem Gesetz zu unterstellen.
  • Das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) schreibt denn auch ausdrücklich, dass E-Zigaretten nicht unter das Gesetz fallen: „E-Zigaretten fallen heute nicht unter das Bundesgesetz zum Schutz vor dem Passivrauchen„.

Fazit: in der Schweiz gibt es ohne Zweifel kein bundesweites Verbot für E-Zigaretten am Arbeitsplatz.

An dieser Stelle heisst es aber aufpassen: keine voreiligen Schlüsse, denn mit dem Kantönligeist ist immer zu rechnen…

Kantonale Sonderregelungen?

  • Art. 4 des Bundesgesetzes besagt nämlich, dass die Kantone „strengere Regeln zum Schutz der Gesundheit“ vorsehen können.
  • Daher ist entscheidend, ob Kantone effektiv solche „Dampfverbote“ erlassen haben. Leider haben wir nicht die Kapitazität, alle kantonalen Rechtsordnungen zu durchforsten, weshalb wir uns auf ein paar grössere Kantone aus der Deutschschweiz beschränken.

Ausgewählte Kantone:

Bundesgerichtsentscheid zu Shishas: Das Bundesgericht hat bestätigt, dass der Konsum von Wasserpfeifen der (kantonalen) Gesetzgebung zum Schutz vor Passivrauchen unterworfen werden darf – konkret musste der betroffene Kanton (Bern) keine Ausnahmeregelung für Wasserpfeifen vorsehen. Und zwar mit folgender Begründung: „Vielmehr drängt es sich im Gegenteil angesichts des vergleichbaren Gefährdungspotenzials für die Gesundheit Dritter auf, das Rauchen von Shishas gleich zu behandeln wie dasjenige anderer Tabakwaren“.

Unsere Einschätzung: Das Bundesgericht hat hier also ausdrücklich auf die Gesundheitsgefährdung abgestellt. Damit bestehen im Umkehrschluss erhebliche Anzeichen, dass ein kantonales „Dampfverbot“ nicht bundesrechtskonform wäre, da Dampfen nachgewiesenermassen sehr viel weniger schädlich ist als Rauchen und daher nicht die gleichen Regeln angewendet werden dürfen.

AUFRUF: Falls jemand sachdienliche Hinweise zu einem kantonalen „Dampf-Verbot“ am Arbeitsplatz (oder auch anderswo) kennt, lasst es uns doch bitte auf Facebook oder hier in der Kommentarfunktion wissen. Wir würden uns das zu gerne genauer ansehen…

P.S.: Natürlich gilt in der Schweiz grundsätzlich immer noch das „Hausrecht“. Es dürfte also durchaus vorkommen, dass Arbeitgeber das Dampfen in ihren Gebäuden verbieten. Ob bzw. unter welchen Bedingungen diese Einschränkung der persönlichen Freiheit auch eine genügende Rechtfertigung im Gesundheitsschutz oder anderne Gründen finden würde, wäre wohl Stoff für eine eigene juristische Abhandlung…